höhere Parkgebühren – Zwickauer Innenstadt unattraktiver?

Update: Nach der ersten Veröffentlichung habe ich noch einige kleine Präzisierungen vorgenommen.

Nach monatelanger Beratung in den Ausschüssen steht das Thema Parkgebührensatzung am 29. Juni 2023 auf der Agenda des Zwickauer Stadtrates. Abgestimmt wird über sich widersprechende Beschlussempfehlungen des Finanz- und des Wirtschafts-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses (WUSA).

Automat für Parkgebühren
Bildqualle: Gisela Peter/pixelio.de

Grundlage ist jeweils eine Vorlage der Verwaltung. Sie basiert auf einer Studie, die 2018 durch das Institut für Energie und Verkehr der Westsächsischen Hochschule Zwickau im Auftrag der Stadt erstellt wurde. Darin werden der Parkraumbedarf untersucht und Empfehlungen für ein Bewirtschaftungskonzept herausgearbeitet.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage in einigen Punkten entschärft, so beim Anwohnerparken und bei der Höhe der Gebühren auf dem Platz der Völkerfreundschaft. Ansonsten hat er sich der Verwaltung im Wesentlichen angeschlossen. Im WUSA setzte sich dann eine gegenteilige Auffassung durch, die letztlich den Erhalt des Status Quo zum Ziel hat.

Das ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Nicht weil ich Gebühren toll finde, sondern weil sie eine Lenkungswirkung haben. Auf die geht die Studie der WHZ ausführlich ein.

Eine bessere Zusammenarbeit mit der Zwickauer Hochschule wird im Stadtrat häufig beschworen. Die CDU/FDP-Fraktion machte sich sogar dafür stark, an den Ortseingangsschildern mit „Hochschulstadt Zwickau“ zu werben. Dass nun durch den WUSA die Arbeit der Wissenschaftler kaltschnäuzig ignoriert wird, ist aus meiner Sicht ein verheerendes Signal. Es macht deutlich, dass die Expertise offenbar gar nicht gewollt ist.

Als Argument für die Haltung des WUSA dient einmal mehr die Klage der Innenstadthändler, sie würden durch eine Gebührenerhöhung Umsatzeinbußen erleiden. Um es klar zu sagen: Ich habe sehr viel Verständnis für die Situation des stationären Einzelhandels. Er hat sich im Wettbewerb mit eCommerce und Mitbewerbern zu beweisen. Seine Rolle für eine attraktive Innenstadt ist unbestritten. Die Händler sollen sich deshalb der Unterstützung der Zwickauer Kommunalpolitik sicher sein.

Es gibt jedoch keinen wissenschaftlichen Beleg für einen Zusammenhang zwischen der Höhe der Parkgebühren und der Anziehungskraft der Innenstadt. Eine Langzeitstudie der Gutenberg-Universität Mainz kam stattdessen 2013 zu einem verblüffenden Ergebnis. Während 90 Prozent der Befragten die Gebühren für das Parken in Mainz zu hoch finden, sehen darin nur neun Prozent ein gravierendes Problem. Es ist offenbar ein emotionales Thema. Keiner gibt gern Geld aus, aber die Belastungen werden im Grunde akzeptiert und beeinflussen kaum die Entscheidung, die City zum Einkaufen aufzusuchen.

Andere Städte zeigen das auch. Die Chemnitzer Innenstadt wird in aktuellen Untersuchungen als überdurchschnittlich attraktiv empfunden, obwohl die Parkgebühren schon länger höher sind als in Zwickau. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, dass sich die Chemnitzer City mit sehr großen Einkaufszentren am Stadtrand messen muss, an denen kostenlos geparkt werden kann. Vor vergleichbaren Herausforderungen steht Zwickau nicht.

Für den innenstädtischen Einzelhandel sind Aufenthaltsdauer und Frequenz wichtig. Noch bedeutender allerdings ist heute etwas anderes. Kunden sollen im Einkauf ein Freizeiterlebnis sehen, welches sie in die Stadt lockt und dort hält. Dazu bedarf es mehr, als möglichst billige Parkplätze. Hier gibt es für die Händlerschaft noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen. Beginnen könnte man mit einer harmonisierten Öffnungszeit und noch lange nicht enden könnte man mit einer teilweisen Verrechnung von Parkgebühren mit dem Umsatz. Wichtig wäre es, sich mehr zu vernetzen. Untereinander, aber auch mit Gastronomen, Ärzten, Rechtsanwälten, Apotheken und allen anderen, die das Interesse eint, Menschen in die City zu holen.  

Sinn der Parkgebühren wissenschaftlich begründet

Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen für ein entspanntes Shoppen in der Innenstadt zu schaffen. Dazu gehört für mich auch, unnötigen Verkehr zu vermeiden. Genau das war die Kernaussage der Hochschul-Studie. Es heißt darin: „Im Vordergrund stehen die Einprägsamkeit von Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen und damit verbunden, die Vermeidung von Parksuchverkehr. Ein Kraftfahrer, der günstigen bzw. kostenfreien Parkraum sucht, soll wissen, in welchen Gebieten er diesen nicht findet und dort gar nicht erst hinfahren.“

Wenn die Gebühren in der Innenstadt aber die gleichen sind, wie im Umkreis, wird jeder zunächst die Innenstadt ansteuern, um frustriert festzustellen, dass da kein freier Platz vorhanden ist. Ganz davon abgesehen, dass der Straßenverkehr Lärm und schlechte Luft produziert. Wahrlich keine guten Voraussetzungen für ein Freizeitvergnügen!

Ein Unterschied der Gebührenhöhe zwischen direkter Innenstadt und dem erweiterten Zentrumsbereich (so wie von der WHZ und der Verwaltung vorgeschlagen) wäre aus diesem Grund die bessere Lösung. Dem wird die Beschlussempfehlung des WUSA nicht gerecht. Gut gewollt, aber schlecht gemacht.

Eine zweite Beschlussvorlage birgt noch größere Brisanz.

Parkleitsystem sinnvoll?

Zum einen geht es um ein elektronisches Parkleitsystem. Die Verwaltung soll beauftragt werden, dazu ein Konzept zu erarbeiten. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Schließlich kann so auch unnötiger Parksuchverkehr vermieden werden. Fraglich ist aber, in welchem Maße durch ein solches System die gewünschten Effekte eintreten werden. Schließlich sind die Zwickauer Parkhäuser und Großparkplätze heute zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd vollständig belegt.

Für eine sicherlich recht aufwendige elektronische Erfassung der Füllstände als Grundlage des Systems besteht daher kein Grund. Ich rechne außerdem bei der gegenwärtigen prekären Haushaltslage nicht mit einer baldigen Umsetzung des Konzepts.

Zündkraft bei Belastung von Ladestromkunden

In weiteren Beschlussvorschlägen wird die rückwärtsgewandte Haltung der konservativen Mehrheit des Rates deutlich. Noch hinzunehmen ist die Abschaffung des kostenlosen Parkens von Autos mit E-Kennzeichen. Befürworter können mit dem Argument der Gleichbehandlung punkten. Die Aussicht auf kostenloses Parken allein wird zudem kaum jemand dazu bewegen, sich ein Elektroauto anzuschaffen.

Zündkraft liegt aber im Vorhaben, den Betrieb von Ladesäulen als Sondernutzung zu verstehen, also quasi von den Betreibern für die Nutzung öffentlich gewidmeter oder privater Flächen Gebühren zu verlangen. Es liegt klar auf der Hand und wurde mir so auch von der Zwickauer Energieversorgung auf Nachfrage bestätigt: Diese Kosten werden 1:1 auf die Ladesäulenkunden umgelegt. Das Laden an öffentlichen Säulen würde dadurch wesentlich teurer. Die aufgrund der desaströsen Energiepolitik unserer Regierung eh schon sehr hohen Ladestromkosten würden weiter steigen.

Na und, könnte man meinen. Selbst schuld, wer sich ein Elektroauto kauft. Es gibt schließlich super Diesel. Das ist so dumm.

Mir ist keine einzige Stadt bekannt, wo das Parken während des Ladens nicht kostenlos wäre. Kann sein, dass andernorts Gebühren für die Sondernutzung erhoben werden. Ausgerechnet aber in Zwickau, dessen größter Gewerbesteuerzahler das Unternehmen ist, in dem die meisten deutschen Elektroautos gebaut werden, schlägt man so etwas nicht vor! Bei VW dürfte man jedenfalls wenig amüsiert sein über solche Pläne. Das Signal könnte schlimmer nicht sein. Statt den in Mosel vorangetriebenen Wandel zur Elektromobilität als Standort- und Imagefaktor zu verwenden, werden Käufer von E-Autos geradezu für blöd erklärt.

Das Vorhaben reiht sich leider ein in viele andere politische Blockaden und Verhinderungen von notwendigen Veränderungen hin zu einer nachhaltigen, attraktiven, vor allem zukunftsfähigen Stadt. Hier habe ich dazu schon etwas dazu geschrieben. In der letzten Zeit wurde viel über Stadtmarketing und Imagepflege gesprochen. Während Chemnitz bekanntlich mit dem Slogan wirbt, „Stadt der Moderne“ zu sein, könnte für Zwickau konsequenter Weise eher passen: „Stadt der Vergangenheit“!

Ein Gedanke zu „höhere Parkgebühren – Zwickauer Innenstadt unattraktiver?

  1. Vielen Dank für den Beitrag – hatte mich an das kostenlose Parken in Zwickau gewöhnt – so ein, zwei Mal im Jahr. Es hätte mich wohl morgen kalt erwischt, wenn ich mich darauf verlassen hätte. So muss ich eben vom Brückenberg aus laufen. Tut mir auch gut 🙂

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