Paracelsus: „feindselige Übernahme“ durch Zwickauer HBK?

Am 01. Dezember 2022 hat das kommunale Zwickauer Heinrich-Braun-Klinikum das wesentlich kleinere Paracelsus-Krankenhaus der Stadt, im Volksmund kurz „Para“ genannt, übernommen. Dieser Prozess geht, von mir nicht anders erwartet, unter großer öffentlicher Unruhe vonstatten.

Stadtrat und Kreistag stimmen für Kauf

Dem Kauf voraus gegangen waren Beschlüsse des Stadtrats und des Kreistages im Sommer diesen Jahres. Bereits damals war absehbar, dass der Prozess nicht konfliktfrei ablaufen würde. So berichtete die Freie Presse am 21.06.2022 (Paywall) darüber, dass Beschäftigten „die Tränen in die Augen gestiegen“ seien, als sie von der Transaktion erfuhren. Offenbar war der Glaube an die gegenüber der FP geäußerten Worte des HBK-Geschäftsführers Rüdiger Glass („Unser oberstes Bestreben liegt jetzt darin, die Beschäftigten von Paracelsus mitzunehmen und ihre Ängste abzubauen.“) gering ausgeprägt. Schließlich wurde als bedeutenstes Ziel die „Beendigung des teilweise ruinösen Wettbewerbs“ (HBK-Aufsichtsratschef Feustel im Kreistag) ausgegeben.

Besitzstandswahrung für Beschäftigte nicht erwünscht

Damit bei der Ausschaltung der Konkurrenz nicht die Beschäftigten zum Opfer werden, war es Anlass für unsere Fraktion, verbindliche Pflöcke zur Besitzstandswahrung einzuschlagen. In einem Änderungsantrag wollten wir den Abschluss eines Personalüberleitungstarifvertrags zur Bedingung der Ratszustimmung machen. Geschäftsführung, Rathausspitze und alle anderen Ratsfraktionen waren strikt dagegen. Auch im Kreistag scheiterte ein entsprechender Antrag.

So nahmen die Dinge ihren Lauf. Als der Übergabetermin näher rückte, war offenbar nichts geklärt. Ich nahm an einer öffentlichen Betriebsversammlung teil und erlebte Ärzte und Pflegepersonal, die voller Fragen waren, aber keine Antwort fanden. Von mir daraufhin im Stadtrat angestellte Erkundigungen wurden (wie ich empfand) an der Grenze zur Auskunftsverweigerung beantwortet. Offenbar waren Fragen nach der zukünftigen Struktur und zu Standorten nicht erwünscht oder es gab schlicht keine Antworten.

Übernahme vollzogen – Lösungen fehlen

Inzwischen wurde der Kauf, mit dem Austausch der Schilder am Eingang öffentlich sichtbar, vollzogen. Doch Ruhe zieht nicht ein in dieser für die Menschen der Region so wichtigen Zeit, in der eigentlich Besinnung und Einkehr herrschen sollten. Stattdessen kocht Wut hoch, wie die Freie Presse am 13.12.2022 berichtet. Wird doch offensichtlich, was mit der „Beendigung des teilweise ruinösen Wettbewerbs“ gemeint war.

Die Neurochirurgie der Zwickauer Paracelsus-Klinik, in die Patienten aus der ganzen Welt kamen, um operiert zu werden, soll am bisherigen Standort abgewickelt werden. Damit wird ein Filetstück des Krankenhauses quasi „entsorgt“. In meinen Augen bedeutet das einen erheblichen Imageschaden für unsere Stadt. Es tröstet wenig, wenn Geschäftsführer Glass verkündet, die Neurochirurgie beider Häuser am Standort des HBK zu zentralisieren.

Denn das Team aus Ärzten und nichtärztlichem Personal der Paracelsus soll wohl gerade nicht mit umziehen. Es soll stattdessen zukünftig die Wirbelsäulenchirurgie betreiben, was nach Information der Freien Presse nur einen Teil ihres bisherigen Spektrums umfasst. Die hochinnovativen Behandlungsmethoden zur Therapie von Hirntumoren und die Zusammenarbeit mit der Westsächsischen Hochschule zählen nicht dazu. Gerade das ist es aber, was den Ruf der Paracelsus-Neurochirurgie ausmacht.

Natürlich ist es nicht effektiv, in einem Krankenhaus zwei Neurochirurgie-Standorte mit gleichem Funktionsumfang zu betreiben. Eine Zusammenführung macht da Sinn. Darum aber geht es vorliegend gar nicht. Die beiden Zwickauer Neurochirurgischen Abteilungen haben erheblich unterschiedliche fachliche Ausrichtungen und Ausstattungen. Daran kann man anknüpfen.

Beste Lösung gesucht – Vorschläge gibt es

Was man also etablieren könnte, wäre eine Klinik für Neurochirurgie mit zwei sich ergänzenden Schwerpunktaufgabenbereichen, die lediglich räumlich getrennt sind. Am jetzigen Standort im HBK kann weiter wie bisher die Akutversorgung übernommen werden. Im ehemaligen Paracelsus-Krankenhaus werden wie bisher Gehirntumore und Parkinson behandelt sowie spezielle Operationen vorgenommen. Patienten erhalten so in hochspezialisierten Funktionseinheiten die optimale Versorgung. Außerdem könnte das vorliegende und, für mich völlig unverständlich, bisher unbeachtete Konzept für ein Neurowissenschaftliches Zentrum zur Verzahnung mit Forschung und Lehre hier umgesetzt werden. Selbstverständlich bedarf es dazu weiterer vor Ort erforderlicher medizinischer Fachbereiche (Neurologen, Radiologen, Anästhesisten, Intensivmediziner usw.) und der erforderlichen Verwaltung. Aber da nach meinem Wissen der Standort ja nicht aufgegeben, sondern nur umstrukturiert werden soll, stehen diese ja zur Verfügung.

Auf diese Weise würden die vorhandenen Ressourcen optimal und unterbrechungsfrei weitergenutzt. Eingearbeitete Teams müssten nicht auseinandergerissen werden. Dringend benötigte Fachkräfte würden im Haus gehalten. Einzigartiges Know-how ginge nicht verloren.

HBK-Geschäftsführung muss sich bewegen

Wenn es dem HBK wirklich wichtig wäre, den Übernahmeprozess als Integration zu verstehen, sollte es einen solchen Weg einschlagen. Dies wäre ein Signal guten Willens. Es stünde für das Ringen um die beste Lösung für die Beschäftigten, die Stadt und vor allem für die Patienten.

Sonst aber bliebe nichts als ein fades „Geschmäckle“. Es wäre nichts anderes als die Ausschaltung von Konkurrenz. Oder, wie es aus der Para klingt: „Es fühlt sich wie eine feindliche Übernahme an!“

So darf es nicht enden!

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