Am 19.12.2024 stimmte die Mehrheit des Stadtrats für die Ansiedlung eines Riesen-Möbelhauses auf der sogenannten Fackel-Brache, einem alten Industriegebiet in der Leipziger Straße. Laut der Freien Presse soll die Verkaufsfläche ein Drittel größer sein als die von IKEA in Chemnitz.
Die Oberbürgermeisterin warnte in einer eindringlichen Rede vor diesem Beschluss, und ich teile ihre Bedenken. Besonders folgende Punkte beschäftigen mich:
Schandfleck am Stadtrand
Die Fackel-Brache ist ein unschöner Anblick für Besucher, die von Norden nach Zwickau kommen. Zusammen mit anderen verfallenden Ruinen ehemaliger Arbeitsstätten wirft sie ein schlechtes Bild auf unsere Stadt. Eine Revitalisierung ist daher notwendig. Doch es ist entscheidend, wofür dieser Schandfleck weichen soll.
Ein Dauerthema in der Stadtpolitik ist der Mangel an Flächen für Industrieansiedlungen. Das vier Hektar große Fackel-Areal wäre ideal für mittelgroße Unternehmen und verfügt über einen Gleisanschluss, ein fast einzigartiges Merkmal. Bisher gab es wenig Interesse an einer gewerblichen Nutzung, da der Boden kontaminiert ist und Ruinen beseitigt werden müssen. Fördermittel für solche Projekte fehlten bislang. Doch nun gibt es ein Programm, das einen Großteil der Kosten übernimmt. Unter diesen Voraussetzungen wäre es sinnvoller gewesen, zuerst nach Investoren für Gewerbe zu suchen.
Überversorgung mit Möbeln
Stattdessen soll die bereits überdimensionierte Verkaufsfläche für Möbel weiter wachsen. Zwickau hat derzeit 47.020 m² Verkaufsfläche für Möbel, während der Bedarf bis 2035 auf 22.330 m² geschätzt wird. Angesichts der aktuellen Krisen, die die Region hart treffen, muss man sich fragen: Wie lange hält die Konkurrenz stand, bevor eine Schließungswelle beginnt und neue Brachen entstehen?
Die Industrie- und Handelskammer, der Handelsverband und die Wirtschaftsjunioren warnten eindringlich vor der Entscheidung für das Möbelhaus. Sie sprachen von fehlender Vernunft angesichts der Schieflage bei den Verkaufsflächen und dem Mangel an Flächen für produzierendes Gewerbe. Ich habe mich dazu ausführlich mit dem IHK-Geschäftsführer beraten. Dass diese Stimme der Wirtschaft in der Ratssitzung als „Lobbyverein“ diskreditiert wurde, sei nur am Rande erwähnt. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass ein Möbelhaus erhebliche Teile an innenstadtrelevanten Sortimenten anbietet und somit Kaufkraft aus der Innenstadt abzieht.
Einzelhandels- und Zentrenkonzept ad absurdum geführt
Um die Innenstadt als attraktiven Lebensbereich zu schützen, wurde 2023 ein teures Konzept beschlossen. Die Ansiedlung eines Möbelhauses widerspricht diesem Vorhaben. Es ist zu befürchten, dass der Bestand von Barbershops, Asialäden und Dönerbuden eher noch zunimmt, was der Attraktivität der City nicht zuträglich ist. Dass gerade Befürworter des Innenstadt-Schutzes nun glühende Verfechter der Möbelhausansiedlung sind, ist erstaunlich. Das Konzept wird durch diesen Eingriff obsolet. Welchem Investor will man in Zukunft seine Pläne verwehren, wenn man hier einen solchen Präzedenzfall schafft?
Die Weigerung, dem Sportartikelanbieter Decathlon die Ansiedlung in einem Zwickauer Randgebiet zu erlauben, wird nun als Argument genutzt. Hätte man dies damals nicht getan, gäbe es heute Decathlon in Zwickau statt in Chemnitz. Man vergleicht hier Äpfel mit Birnen. Als Decathlon investieren wollte, gab es zu wenige Sportartikelanbieter in der Stadt. Es hätte also tatsächlich das Geschäft durch Konkurrenz belebt werden können. Ähnlich verhält es sich mit dem FOZ in Zwickau, über das ich hier geschrieben habe. Ein solches Outletcenter steht weniger im Widerspruch zur Entwicklung der Innenstadt.
Gefragt wurde auch, was passiert, wenn das Möbelhaus sich statt auf dem Fackel-Areal in einer Kleinstadt der Umgebung niederlässt. Ein solches Szenario halte ich für unwahrscheinlich, da der Landesentwicklungsplan großflächigen Einzelhandel nur in Oberzentren zulässt.
Zusammenfassend halte ich den Beschluss für kurzsichtig. Man sieht nur die vermeintlichen Vorteile der Beseitigung eines Schandflecks und übersieht die erheblichen Risiken für die bestehende Handelsstruktur, insbesondere in der Innenstadt. Dabei ignoriert man die mahnenden Stimmen kompetenter Wirtschaftsvertreter. Wir werden sehen, wie sich die Angelegenheit weiterentwickelt. Ich hoffe im Interesse unserer schönen Stadt, dass ich mich irre. Doch aus Erfahrung fehlt mir der Glaube daran.