Stadtratswahl Zwickau: Für Die Linke ein Desaster mit Ansage

Stadtratswahl 2019 Zwickau
Bildquelle: M. Großmann – pixelio.de

Die Stadtratswahl vom 26. Mai 2019 ging für Die Linke mit erheblichen Stimmverlusten einher. Sie erhielt fast 2500 Stimmen oder knapp sieben Prozent weniger als 2014. Das zeugt von einem dramatischen Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger. Offenbar traut man der Partei in unserer Stadt weniger Gestaltungskompetenz zu. Das Wahlergebnis liegt zweifellos im Landestrend. Trotzdem gibt es einige Gründe, die für das schwache Abschneiden in der Muldestadt sicher mitentscheidend waren.

zu widersprüchliche und etatistische Politik

Die Stadtrats-Fraktion hat in den letzten fünf Jahren eine insgesamt zu widersprüchliche Politik gemacht. Zwar gelang es ihr, wichtige Anliegen erfolgreich durchzusetzen. Erinnert sei an den Beschluss zum Glyphosat-Verbot oder den Einsatz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Stadtverwaltung. Auch Angriffe auf freiwillige Leistungen, die auch sozial Schwachen zugutekommen, konnten abgewehrt werden.

Zu oft siegte allerdings angesichts eines begrenzten Haushaltes die Angst vor der eigenen Courage. Andere Fraktionen waren da weniger zimperlich, wenn es um ihre Anträge ging. So wurde eine Zweifeldturnhalle inklusive (Neben-)Straßenbau durchgedrückt, obwohl es gute Alternativen gab.

Meine Meinung zur widersprüchlichen Politik will ich nur mit einigen Beispielen untermauern:

1. Zurückzieher beim Sozialticket

Bei einem der wichtigsten Anträge, der auf eine Verbesserung der sozialen Situation der schwächsten Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt gerichtet war, wurden katastrophale Fehler gemacht. Der Antrag auf Einführung eines Sozialtickets für den öffentlichen Personennahverkehr wurde vor der Abstimmung zurückgezogen. Damit wurde vielen Menschen die zunächst geweckte Hoffnung auf die bessere Befriedigung ihres Grundrechtes auf Mobilität genommen. Sie wurden vor den Kopf gestoßen. In der Öffentlichkeit musste ein Bild entstehen, dass wir unsere eigenen Anliegen nicht ernst nehmen. Die Glaubwürdigkeit in die Politik der Fraktion nahm ernsten Schaden.

2. Mangelnde Solidarität mit kommunalen Beschäftigten

Das öffentliche Infragestellen berechtigter Forderungen von Beschäftigten kommunaler Unternehmen nach tariflicher Bezahlung durch Mitglieder der Fraktion ist schwer mit den Erwartungen in linke Politik in Übereinklang zu bringen. Dazu kommt die positive Haltung von Teilen der Fraktion zur Ausgliederung aus kommunalen Unternehmen. Das ist vor allem bemerkenswert, weil es diametral zur politischen Programmatik und konkreten Haltung auf Bundes-, Landes- und vielerorts kommunaler Ebene steht.

3. Hin und Her beim ÖPNV

Ein weiterer Punkt ist die „Wischiwaschi“-Haltung zum öffentlichen Personennahverkehr. Eine Mehrheit der Fraktion forderte gemeinsam mit der AfD die Einstellung der Straßenbahnlinie zum Hauptbahnhof. Wenig nachvollziehbar war auch der Widerstand gegen den Bau der Innenstadttangente, also einer Verbindung von der Werdauer- / Kopernikusstraße zur Reichenbacher und weiter zur Breithauptstraße sowie der „Querspange“, d. h. der Umleitung der Straßenbahntrasse von der Werdauer Straße zum Hauptbahnhof entlang der Innenstadttangente. Auch das steht im Widerspruch zur linken Programmatik, die der Verbesserung der ÖPNV-Angebote hohen Stellenwert beimisst. Die Innenstadttangente würde die Innenstadt vom Verkehr entlasten und hätte zahlreiche positive Effekte für die Stadtentwicklung. Die Zwickauer Straßenbahn stellt das Rückgrat des ÖPNV dar. Sie ist das ökologischste Verkehrsmittel und verfügt über die größte Transportkapazität. Die Straßenbahn wird durch Busse nur ergänzt und kann durch sie nicht ersetzt werden.

Wahlprogramm nicht schlüssig

Unter diesen Vorzeichen war die Vermittlung der Ziele des Kommunalwahlprogramms schwer. Dort finden sich Aussagen wie: „Flächendeckende Tarifverträge für kommunale Unternehmen durchsetzen“, „Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs“ und „Einführung eines Sozialtickets“. Also ziemlich das Gegenteil dessen, was von führenden Vertretern der Fraktion in der letzten Ratsperiode vertreten wurde.

Neuausrichtung notwendig

Aus der Niederlage gilt es, zu lernen. Konsequent muss das Kommunalwahlprogramm umgesetzt werden. Dabei ist vor allem Entschlossenheit gefragt. Dies gilt umso mehr, weil die Gegenkräfte im Rat größer sein werden als bisher.  

Für die Menschen in unserer Stadt muss viel deutlicher sichtbar werden, für was wir stehen. Für Bildung, für eine Balance von Freiheit und Sicherheit, für ein reiches kulturelles und sportliches Leben. Für bezahlbares Wohnen und angemessene ärztliche Versorgung. Für gute Arbeit und gute Bezahlung. Für die Gewährleistung gesellschaftlicher Teilhabe für alle Menschen. Für ein friedliches Zusammenleben ohne Fremdenhass und Intoleranz.

Linke ist Sachwalter des „kleinen Mannes“

Das Wichtigste ist die Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Rentner, der schwachen und benachteiligten Menschen, kurz gesagt, des „kleinen Mannes“. Die Fraktion muss deren parlamentarische Stimme sein. Dazu muss man mit den entsprechenden Verbänden, mit Gewerkschaften und Vereinen zusammenarbeiten und aktiv in ihren Auseinandersetzungen mitwirken.

Nur so, nur durch einen deutlichen Wechsel im Politikansatz, wird es gelingen, enttäuschte Wählerinnen und Wähler zurück zu gewinnen. Ob die Fraktion dazu in der Lage ist, wird sich zeigen. Erste Aussagen nach dem Motte „Es hätte schlimmer kommen können“ lassen Zweifel aufkommen.

Ich bin jedenfalls zur Mitarbeit bereit. Richtschnur ist mein persönliches Wahlprogramm.

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