Make the downtown great again – durch Protektionismus zu einer attraktiven Zwickauer Innenstadt?

„America first“ ist das Credo des amerikanischen Präsidenten. Er will durch seinen Protektionismus die US-Wirtschaft stützen. „Innenstadt first“ ist vermutlich die Parole der Zwickauer Stadtverwaltung. Auch hier soll protektionistisch vorgegangen werden. Und so treibt Zwickau aktuell die Frage um: „Darf außerhalb des Stadtzentrums ein Fashion-Outlet eröffnen?“ Die Waren sind eingeräumt. In einer Woche sollte Eröffnung sein. Doch der Besucheransturm wird vorerst ausbleiben.

Protektionismus kontra Outlet Center Zwickau?
Protektionismus kontra Fashion Outlet Zwickau?

Die Stadtverwaltung hat dem Ganzen einen Riegel vorgeschoben. Da es sich bei Bekleidung um ein „innenstadtrelevantes“ Sortiment handelt, wird dem Unternehmen keine Nutzungserlaubnis erteilt. Was „innenstadtrelevant“ ist, bestimmt ein vom Stadtrat 2011 sozusagen als „Lex Decathlon“ beschlossenes Einzelhandels- und Zentrenkonzept. Darin befindet sich eine Aufstellung („Zwickauer Liste“ genannt), die neben Bekleidung auch 17 weitere Sortimente umfasst. Wenn man so will, alles außer Möbel und Baumarkt.

Der Rat hat sich in dem damaligen Beschluss dazu bekannt, zum Schutz der Innenstadt das Baurecht restriktiv durchzusetzen, sprich Anträge auf Erweiterung des Einzelhandels mit solchen Sortimenten außerhalb (definierter) zentraler Versorgungsbereiche nicht mehr zuzulassen. Das Gebiet an der Schubertstraße ist kein solcher Versorgungsbereich.

So weit, so gut. Oder auch nicht. Rechtlich scheint alles klar zu sein. Zu den zeitlichen Abläufen habe ich unter Aktuelles einen Link veröffentlicht. Die Frage, die ich mir stelle, ist aber: Schützt eine solche protektionistische Haltung tatsächlich die Innenstadt? Oder verliert Zwickau auf diesem Weg mehr und mehr an Attraktivität?

Machen wir uns nichts vor. Auch nach dem Beschluss gab es viele Geschäftsaufgaben in der Innenstadt, darunter solch spektakuläre, wie die Schließung der Kaufhäuser Joh und Wöhrl. Inzwischen ist auch klar, dass in die Schocken-Immobilie kein Kaufhaus einziehen wird, sollte die Wiederbelebung tatsächlich erfolgen. Es scheint so, als hätte all der Protektionismus nicht wirklich geholfen, Leerstand in der Innenstadt aufzuhalten.

Mich verwundert das nicht. So wird durch die Käseglocke, die über das Zentrum gehalten wird, nichts am Kardinalproblem des Einzelhandels geändert. Es ist die nach wie vor zu geringe Kaufkraft in der Region. So liegt der Index nach Berechnung des Marktforschungsunternehmens GfK immer noch weit unter dem Deutschland-Durchschnitt. Dazu kommt der Druck, den der Internethandel auswirkt, wobei ich das nicht überbewerten würde. Denn die Handelsketten, die sich in der Stadt etabliert haben, vermarkten selbst über das Netz. Im Übrigen sind es gerade diese Ketten, die für Beliebigkeit sorgen. Man findet sie so in jeder anderen Stadt. Eine Unverwechselbarkeit, die für die Attraktivität des Einkaufserlebnisses so wichtig wäre, gibt es so gut wie nicht.

Spricht also noch etwas für die allzu konsequente Anwendung des Handelskonzepts? Ich denke, damit vergibt die Stadt Chancen. Sie hätte mit dem Outlet die Möglichkeit, Menschen verstärkt nach Zwickau zu locken. Es gibt einen Unterschied zwischen Leuten, die mit dem Auto zum Markt fahren wollen und denen, die lieber durch die Stadt flanieren. Heute fahren erstere in die Einkaufscenter nach Chemnitz oder Leipzig. Zukünftig könnten sie ihr Geld in Zwickau ausgeben. Ich denke, dass das Outlet bei weiter harter Linie der Stadt wie einst Decathlon nach Chemnitz ausweichen wird. Damit wäre ein potenzieller Kundenmagnet verloren und Zwickau versinkt weiter in Provinzialität.

Natürlich muss die Politik Regeln aufstellen und durchsetzen. Es kann nicht jeder machen, was er will. Aber diese Regeln müssen laufend auf Wirksamkeit überprüft und entsprechend fortgeschrieben werden. Das erfolgt seit 2011 nicht mehr und ist längst überfällig.

Wie könnte die Lösung für das aktuelle Problem aussehen? Der Stadtrat ist nach der Feststellung der Nichtigkeit des Vorhabens- und Erschließungsplans für das Gebiet Schubertstraße im Zugzwang. Dort befinden sich ja noch mehr Unternehmen, die „innenstadtrelevante“ Sortimente führen. Eine Nutzungsversagung für einzelne Märkte könnte eine Kettenreaktion auslösen, die zum Verlust der gesamten, vor allem für die Versorgung der nördlichen Stadtteile wichtigen, Handelsfläche führen kann. Dies gilt es zu vermeiden. Deshalb halte ich es für das Beste, wenn das Gebiet komplett als ein zentraler Versorgungsbereich „Pölbitz II“ ausgewiesen wird. Damit stünde auch einer Nutzungserlaubnis für das Fashion Outlet nichts im Weg.

Eines jedenfalls ist klar: So wie der Trumpsche Protektionismus den USA vermutlich eher schaden wird, so wird er es im Kleinen auch in Zwickau tun.

Ich bin auf die Diskussion zu meinen Denkanstößen gespannt. Beteiligen Sie sich bitte auch an der Umfrage.

Ein Gedanke zu „Make the downtown great again – durch Protektionismus zu einer attraktiven Zwickauer Innenstadt?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert